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Montag, 24. Mai 2021

Erfolg als Selfpublisher, Freundschaft und der Traum vom Schriftstellerleben

Moin, meine lieben Schreiber- und Leserlinge!

"Ich bin so fasziniert von deinen Berichten, dass ich nicht genug kriegen kann. Auch deine Erklärungen, Einleitungen, Zusammenfassungen sind so überaus unterhaltsam, dass ich dir sehr dankbar bin, dieses Privileg des Bloglesens von dir bekommen zu haben!!!" Das schrieb mir über Whatsapp Astrid, eine gute Freundin und langjähriges Mitglied der von mir geleiteten Schreibwerkstatt, die wegen Corona derzeit leider gerade pausiert. Astrid, die an der Meisterschule für Mode ihre Ausbildung zur Directrice gemacht und der noch heute, als Pensionärin, alles Künstlerische, Kreative nah und wichtig ist. So was verliert sich nicht.

Ich nehme Astrids nette Aussage also mal als eine Art Applaus aus künstlerisch berufenem Munde. Applaus als Brot des Künstlers, auch wenn man es nicht essen kann. Daher nichts gegen gute Honorare, faire Verlagsverträge und tolle Erfolgszahlen beim Selfpublishing, die sich in barer Münze bezahlt machen. Von einer Platzierung auf den vorderen Plätzen bei Amazon, über die sich ein befreundetes Autorenpaar schon mehrfach freuen durfte, ganz zu schweigen. So was adelt und zahlt sich erst recht durch gute Verkaufszahlen aus. Applaus. Anerkennung. So was brauchen Künstler oft noch mehr als Kohle.

Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein. Ich bin seit einem halben Jahr Rentnerin und habe keine finanziellen Sorgen. Das beruhigt tatsächlich. Dennoch habe ich so meine Träume und Visionen. Der Traum, als Schriftsteller oder Schriftstellerin reich und berühmt zu werden, hat auch vor mir, ich gestehe es ganz im Geheimen, nicht Halt gemacht. Auch wenn ich weiß, dass dieser Traum sich nur für ganz wenige erfüllt, habe ich ihm hin und wieder Raum gegeben. Nicht etwa, weil ich mir jetzt dicke Klunker à la Liz Taylor hätte zulegen wollen oder eine Hochseeyacht, Gott bewahre! In meinen Träumen führte ich weiterhin ein ruhiges, auf elegante Art bescheidenes Leben, das mir viel Zeit zum Schreiben und Malen ließ. Ich sah mich in einem schönen alten Haus mit einem großen, stillen Park und hohen alten Bäumen. Dekadenterweise gab es ein wenig Personal, aber nur, weil ich sonst nicht genügend Zeit zum Künstlern gehabt hätte. Einen gütigen, alten Gärtner zum Beispiel, der mir das Schneiden der Rosen überließ und genau dort einen Laubengang mit verschwenderisch blühendem Blauregen anlegte, wo ich es gern wollte. Da war die humorvolle Haushälterin, die mit mir den Menüplan besprach, mir beim Essen Gesellschaft leistete und ansonsten alles hübsch adrett hielt, so dass ich mich aufs Schreiben konzentrieren konnte. Da waren Düfte und Geräusche. Ab und zu Gäste, Gläserklingen, Plaudern, Lachen im Garten, am Abend, ein laufes Lüftchen weht, von irgendwoher der Duft von Flieder, ein paar Laternen werden entzündet. Und dann ... Stopp! Kitschalarm. Oh weh. Ich gestehe es ja: Ich bin eine unverbesserlicher Romantikerin. 

Also, langer Rede kurzer Sinn: Wir Menschen brauchen Resonanz. Als Künstlerseele erst recht. Deshalb möchte ich auch euch ermutigen: Tauscht euch über euer Schreiben aus, holt euch Rückmeldungen, lest einander vor, übt konstruktive Kritik, macht euch gegenseitig Mut. Glaubt an eure Begabung, an euren Erfolg. Wenn ihr begeistert seid und am Ball bleibt, wenn ihr brennt fürs Schreiben, wird sich das irgendwann auszahlen - ob als Selfpublisher oder bei einem Verlag. Macht euch auf den Weg. Probiert euch auch. Übt. Werdet besser. Es gibt überall Schreibwerkstätten und vergleichbare Kreise. Und Schreiberlinge sind einfach so nette Menschen ...! ;-)

Was mich betrifft: Ich freue mich derzeit tierisch über jede positive Rückmeldung. Ich bin hochbeglückt darüber, dass die Klickzahlen schon wieder um ein Drittel höher sind als noch vor drei Tagen. Ich nehme dankbar jeden konstruktiven Tipp, jede Anregung von euch auf. All das macht mir Mut, hilft mir, mein großes Ziel, selbst in meinem Alter, nicht aus den Augen zu verlieren. Ich bin jetzt sechsundsechzig und da fängt ja laut Udo Jürgens das Leben gerade erst an. Mein Erstgeborener, dem Tod mit vierzehn Jahren gerade mal so von der Schippe gesprungen, wird heute neununddreißig. Mit fast siebzig stelle ich mir frecherweise vor, noch als Schriftstellerin durchzustarten und Leser und Leserinnen zu finden, die, wie Astrid, sagen werden: Ich kann gar nicht aufhören? Und warum sollte ich nicht mutig träumen? Ich weiß, dass ich schreiben kann. Und Rosamunde Pilcher war ja auch wahrlich nicht mehr die Jüngste, als sie so richtig loslegte.

Jetzt aber erst einmal Schluss mit Nabelschau und Geplauder. Bärbel, die Freundin, auf die Hannah schon so lange gehofft hat, wartet darauf, hier endlich ein bisschen näher vorgestellt zu werden. Und los geht's: 

Bärbelchen
Es klopfte an der Tür, ganz leise nur, und Hannah, die gerade noch vor sich hingeträumt hatte, blickte auf. Was Herr Schäfer, ihr Klassen-, Mathe-, Physik- und Chemielehrer, gerade im Physikraum der Borbecker Mädchenrealschule über den Zusammenhang von Gewitter und elektrischer Ladung erzählt hatte, hatte sie gerade kaum aufnehmen können. Allzu gern verschwand sie in ihrer inneren, eigenen Welt. Dann betrachtete sie einfach nur die sommersprossigen Hände ihres Lehrers, der Bunsenbrenner und allerlei verbogene Gläser, Schläuche und sonstiges Versuchszubehör zurechtlegte, und schaltete ansonsten ab. Es klopfte ein zweites Mal, lauter jetzt. Nun hoben auch die übrigen Teenager, die im Physikraum mit seinem ansteigend angeordneten Gestühl und den Tischen voll eingravierter und mit blauer Tinte ausgefüllter Inschriften saßen oder müde hingen, die Köpfe. Erfreut, wie es schien. Eine Unterbrechung vom Unterricht war immer gern gesehen. 

Herr Schäfer, zu Hannahs ungläubigem Staunen Vater zweier noch kleiner Kinder, obwohl er mit dem weißgekräuselten Haarkranz, dem grauen Anzug, den Hosenträgern über dem weißen Hemd und dem weichen, eher unmännlichen Gesicht eher wie ein Opa aussah, war ein wirklich lieber Mensch. Es schien ihm geradezu körperlich wehzutun, wenn er einer Schülerin eine schlechte Note geben oder sie auf sonstige Weise enttäuschen musste und wie sehr er zwei Jahre später ausgerechnet Hannah enttäuschen würde, hätte sie wohl selbst nicht gedacht. In wenigen Minuten aber würde er etwas tun, für das sie ihm ewig dankbar sein würde.
„Herein!“, rief Herr Schäfer und legte sein Instrument aus der Hand.
Ein blondes Mädchen in weißen Kniestrümpfen, dessen kinnlange Haare wie Spaghetti vom Kopf herabfielen, trat ein. Sie hatte große, blaue Augen, war dünn und sicher einen ganzen Kopf kleiner als Hannah.
„Na, da bist du ja endlich. Du musst Bärbel sein. Hast dir wohl ein paar Ferientage extra gegönnt, wie? Nun, eigentlich ist nur der Umzugstag selbst frei ...“
„Das wusste ich nicht!“, sagte das Mädchen unbefangen und strahlte den Lehrer an.
Der lächelte warm zurück. „Na ja, Schwamm drüber. Komm herein und mach die Tür zu.“
Er wandte sich an die Klasse. „Das ist also Bärbel“, sagte er. „Sie ist zugezogen. – Du kannst dich gleich auf den freien Platz neben Hannah setzen, Bärbel.“ Er wies mit der Hand in Hannahs Richtung. „Hannah, du kannst heute Mittag mit Bärbel zusammen nach Hause gehen. Ihr habt den gleichen Weg.“
Was?! Wie? Hannahs Herz schlug ihr bis zum Hals. Schon, dass Herr Schäfer sie überhaupt in besonderer Weise wahrnahm, konnte sie kaum fassen. Aber die Neue und sie ...? Oh, alle würden sie beneiden. Neue waren so spannend. Und diese Bärbel sah wirklich nett aus. Auch wenn Hannah überzeugt war, dass Bärbel sie sicher ebenso langweilig finden würde wie alle anderen, erlaubte sie sich zaghafte Freude. Wie nett das neue Mädchen sie anlächelte. Schwitzend wischte sie Hannah die feuchtgewordenen Finger an ihrem Baumwollrock ab.
Sie war glücklich, stolz und verunsichert zugleich. Denn sie merkte es gleich: Bärbel war anders als sie. Sie wirkte selbstbewusst und schien mitten im Leben zu stehen. Hannah hätte nie gewagt, sie anzusprechen, wenn ihr Klassenlehrer es nicht verordnet hätte. Zugleich spürte sie deutlich, dass er sich etwas dabei gedacht haben musste. Sie war ihm offenbar doch nicht gleichgültig. Er wollte ihr helfen. Doch bei aller Dankbarkeit wand sie sich innerlich. Was sollte sie denn nur zu ihr sagen, damit sie nicht gleich merkte, was für eine Langweilerin sie war? Ihr fiel nichts ein, ums Verrecken nicht, und so blieb sie stumm wie der Fisch, der sie vom Sternzeichen her war.
Bärbel aber, ebenfalls ein Fisch, wäre nicht Bärbel gewesen, wenn sie die Sache nicht in die Hand genommen hätte. „Schön, dass wir den selben Weg haben“, raunte sie ihr zu, „wo wohnst du denn?“
„Donnerstraße 5. Das Haus mit der Kneipe unten drin.“
„Na, prima. Ich wohn‘ Münstermannstraße 2. Das sind nur fünf Minuten zu Fuß von dir, direkt an der Bahn, weißt du?“
Hannah hatte keine Ahnung, nickte aber.
„An dem Haus mit der Kneipe komme ich jeden Tag vorbei“, flüsterte Bärbel. „Dann können wir ja jetzt immer zusammengehen.“

                                                             Das Leben kann so viel bunter sein als man denkt ...!


„Wirklich?“
„Na klar.“ Bärbel sah sie offen und fröhlich aus ihren blauen Kulleraugen an. Und lächelte schon wieder. Sie schien rein gar nichts gegen Hannah einzuwenden haben. Und Hannah lächelte ungläubig zurück.
Wie flott Bärbel aussah in ihrem kurzen Rock über den schlanken Beinen. Sicher war sie eine Kanone im Turnen. Sie wirkte überhaupt ganz so, als könnte sie die Welt aus den Angeln heben. Es war mehr als unwahrscheinlich, aber wenn sie wirklich, wirklich ihre Freundin werden würde, das wäre einfach zu schön ...!
Gleich nach der Physikstunde umringten einige ihrer Mitschülerinnen Bärbel neugierig, während Hannah so tat, als müsse sie dringend ihren Tornister aufräumen. Auch zu ihnen war Bärbel nett. Würde eines der anderen Mädchen das Rennen machen? Doch das Wunder geschah. Nach Unterrichtsschluss gesellte Bärbel sich zu Hannah und wie von ungefähr überquerten die beiden gemeinsam den Schulhof, gingen vorbei am Musik- und am Handarbeitsraum, die im Seitentrakt lagen, durchs rückwärtige Tor und die Straße hinunter. Sie plauderten miteinander, als hätten sie nie etwas anderes getan und schon bald waren die Mädchen unzertrennlich. Jeden Tag marschierten sie Seite an Seite zur Schule und zurück. Stapften durch den Regen, hofften an sonnigen Tagen auf Hitzefrei, ließen sich vom Wind die Haare aus den Gesichtern blasen oder eierten, alte Socken über den Schuhen, über Glatteis dahin. Sie übten gemeinsam für die Klassenarbeiten, spazierten untergehakt durch die Straßen, erzählten einander Geheimnisse und trafen sich nachmittags daheim, um Schallplatten zu hören und einander von ihren Träumen zu erzählen.
Bärbel wurde Hannahs großes Vorbild. Sie tat Dinge, die Hannah nicht tat. Sie bürstete ihre dicken, blonden Haare beherzt mit einer Drahtbürste, die Hannah moderner erschien als ihr Naturborstengerät. Sie aß, bevor sie miteinander nach draußen gingen, noch schnell einen zusätzlichen Teller Haferflocken mit Apfelsaft, damit sie endlich dicker würde – ein Problem, das Hannah niemals haben würde, ganz im Gegenteil. Hannah besaß bloß einen stummen blauen Wellensittich namens Putzi, obwohl sie viel lieber einen giftgrünen, sprechenden gehabt hätte. Bärbel aber nannte einen sonnengelben Kanarienvogel ihr eigen, der Laute von sich gab, die mit viel Fantasie Worte hätte sein können, und in der Küche dekorativ auf seiner Käfigstange saß. Sie pflegte ihre Haut mit duftender Nivea und ihre Pickel mit schwefelhaltigem Puder, der aus einer gelben Plastikflasche staubte. Alles, was Bärbel hatte und tat, erschien Hannah erstrebenswert und vom nächsten Taschengeld kaufte sie den gleichen Puder und benutzte ihn über Jahre, obwohl sie gar nicht so viele Pickel hatte, und vom übernächsten Taschengeld kaufte sie eine Haarbürste wie sie.
Und dann kam der Tag - Bärbel und sie standen gerade an der verkehrsreichen Kreuzung in der Nähe ihrer Wohnung - an dem sie einen Entschluss fasste: „Wenn ich mal heirate und ein Kind kriege, dann wirst du die Patentante, ja, Bärbel?“
„Meinst du das ernst?!“ Sie strahlte.
„Natürlich!“, sagte Hannah, während gleich neben ihnen die Straßenbahn klingelte und die Motoren der Autos lärmten. Sie stand dazu, obwohl sie eigentlich davon überzeugt war, eine alte Jungfer zu werden, wodurch sie vermutlich niemals Kinder haben würde. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Sie dachte an etwas Anderes. Noch viel weiter voraus in die Zukunft. Der Gedanke war plötzlich da.
„Du, Bärbel“, sagte sie, „wir leben jetzt vielleicht noch fünfzig Jahre oder so. Das ist doch ganz schön lange, oder?“ Bärbel nickte und sah nachdenklich aus.
„Dann sind wir schon über sechzig. Kann ich mir gar nicht vorstellen. Das ist wirklich schrecklich alt. Aber vielleicht werden wir ja noch älter.  Achtzig. Oder sogar hundert.“

Bis bald sagt Eure

Sigrid Ruth

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