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Samstag, 19. Juni 2021

Autobiografie: Das ideale Alter, um über das eigene Leben zu schreiben

Moin, meine lieben Schreiber- und Leserlinge!

Gestern habe ich hier im Blog eine Pause eingelegt. Ich war den ganzen Tag lang im Paradies unterwegs. Am "Tag des offenen Gartens" habe ich mir in Kreis Steinburg hier oben im Norden mit meinem Liebsten eine Reihe herrlicher Privatgärten angesehen. Da Gärtner nette Menschen sind, fiel es uns nicht schwer, mit den Besitzern ins Gespräch zu kommen. Am meisten beeindruckt hat mich ein altes Ehepaar, das gemeinsam auf die achtzig zuging, und seinen riesigen, blumenreichen Garten, an dem an vielen Ecken Wasserspiele plätscherten, Vögel zwitscherten  und Hummeln brummten, ohne fremde Hilfe zu bewirtschaften. Beeindruckend. Die alte Dame sprach davon, dass sie an jedem Abend den Tag Revue passieren ließe und damit das Leben quasi zweimal lebe. Schon erzählte ich ihr, dass ich einmal bei der Familienbildungsstätte einen Kurs zum Thema Autobiografisches Schreiben unter dem Titel "Das Leben zweimal leben" angeboten hatte. Und sie begann, mir aus ihrem Leben zu erzählen. Und wahrhaftig, sie war nicht auf den Mund gefallen ... 


 Copyright: Sigrid Ruth Stephenson

Wasser, Spiegel der Seele - aufgenommen am "Tag des offenen Gartens"

Als ich ihr vorschlug, mit meiner Hilfe ein Buch über ihr Leben zu schreiben, winkte sie ab. "Zu spät - ich hätte Sie früher kennenlernen müssen." Aber es ist nie zu spät. Solange wir atmen und denken können, können wir auch die Geschichte unseres Lebens aufschreiben. Die schlanke, weißhaarige Dame mit den so jugendlich wirkenden blauen Augen wurde nachdenklich. "Ich denke oft darüber nach", sagte sie,  "wie es sein wird, wenn ich mal nicht mehr da bin. Eigentlich bin ich doch noch nicht wirklich tot, solange es noch Menschen gibt, die an mich denken." "Genau so ist es", sagte ich, "und deshalb lohnt es sich auch, ein Buch über sich selbst zu schreiben. Über das eigene Leben, über Erkenntnisse und Gedanken. Unser Leben ist so einzigartig und kostbar. Und was wir darüber aufschreiben möchten, das tun wir in erster Linie für uns. Nicht, um einen Verlag zu finden und das große Geld zu machen. Sondern für uns und unser eigenes Glück."

Meine Visitenkarte nahm sie nur allzu dankbar entgegen und ihre Augen leuchteten. Ich gehe sehr davon aus, dass ich wieder von ihr hören werde.  

Das ideale Alter, um über das eigene Leben zu schreiben? Das gibt es nicht. Ein nachdenklicher Mensch mit tiefer Empfindungsfähigkeit und großer Ausdrucksfähigkeit kann, so denke ich, auch als junger Mann, als junge Frau schon etwas Berührendes über das eigene Leben schreiben. In jedem Fall aber gilt: Es ist nie zu spät.

Bis bald sagt eure

Sigrid Ruth

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