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Montag, 23. Mai 2022

Wenn das eigene Baby plötzlich vierzig wird

Moin, meine lieben Schreiber- und Leserlinge! 

Eine ganze Weile lang war Hannah davon ausgegangen, dass sie und Conrad keine Kinder haben würden. Wozu auch - das Leben war doch auch so schön und abwechslungsreich. Das änderte sich, als sie bei einem Ausflug zu einem romantischen Schloss ein junges Elternpaar mit einem süßen, kleinen Lockenkopf vor sich hergehen sahen. Plötzlich wusste Hannah: Ich will doch ein Kind! Und Conrad war, wie durch ein Wunder, ganz ihrer Meinung.

Und heute? Man redet von seinen Kindern und meint in der Regel die lieben Kleinen. Die aber werden in der Regel viel schneller groß, als man je gedacht hätte. Und wenn der Erstgeborene dann plötzlich vierzig wird, spürt frau, dass sie selbst tatsächlich keine zwanzig mehr ist. In der Figur von Hannah erzähle ich, wie es damals war, die Sache mit dem Kinderkriegen. Und sage an dieser Stelle von ganzem Herzen: Happy birthday, Roman! Auch wenn er in Wirklichkeit Robin heißt und ich noch nicht im mindesten wissen konnte, was mir mit ihm noch bevorstehen würde.

Lasst uns erst einmal gemeinsam eine ganze Zeit lang zurückgehen, Es geschah ein gutes Jahr nach der Begegnung mit dem Lockenköpfchen - vor genau 40 Jahren:


Ein Wunder namens Roman

Inzwischen wussten Hannah und Conrad, dass es tatsächlich ein Junge werden würde. Wie der kleine blonde Lockenkopf beim Schloss, dachte Hannah verträumt. Die Ärzte rechneten schon lange nicht mehr damit, dass Hannah das Kind bis zum errechneten Termin würde austragen können. Es würde bereits im Mai zur Welt kommen. Hannah hätte sich keinen besseren Monat für die Geburt ihres ersten Kindes denken können. Sie liebte den Mai mit der linder werdenden Luft und all dem zarten, sauberen Grün.
Man gab ihr eine Spritze, um die Lungenreife des Babys zu verbessern, als es an der Zeit war, und mahnte zur Geduld. „Halten Sie durch – jede Woche zählt“, sagte der Oberarzt bei der Visite. „Aber haben Sie keine Angst. Ihr Kind ist jetzt schon lebensfähig.“
Lebensfähig. Was für ein tröstliches Wort!

An einem Nachmittag rund zwei Wochen vor dem errechneten Termin sprachen Fakten. Der Wehenschreiber hatte wieder einmal Besorgnis erregend zahlreiche Kontraktionen angezeigt und das Baby in Hannahs Bauch hatte noch immer keine Anstalten gemacht, sich aus der Beckenendlage in die richtige Position zu drehen, Kopf voraus in Richtung Geburtskanal. Hannah machte sich Sorgen. Wenn die Wehen das Baby so, wie es liegt, in den Geburtskanal pressen würde, wären wir beide in Gefahr.
„Schluss jetzt“, sagte der Dienst habende Arzt. „Wir können nicht länger warten – wir müssen das Kind holen.“
„Per Kaiserschnitt?“, fragte Hannah kläglich. „Aber ich bin doch gar nicht nüchtern. Hab vorhin erst zu Mittag gegessen.“
„Darauf können wir jetzt keine Rücksicht nehmen. Wir werden schon aufpassen, dass Sie nicht ersticken.“
„Und wann?“
„Na, jetzt gleich.“
Hannah wäre gern davongelaufen und zugleich war sie unendlich erleichtert. Bald ist es vorbei, dachte sie. Endlich, endlich werde ich mein Baby sehen.

*


Eine Viertelstunde später fand Hannah sich in einen kleinen Nebenraum wieder.
„Legen Sie sich bitte auf die Seite, Rücken zu mir, machen Sie sich ganz rund, wie eine Katze, und dann ... entspannen Sie sich.“
Die haben leicht reden, dachte Hannah. Sie hatte sich zur Rückenmarkspritze anstelle einer Vollnarkose entschlossen, um ihr Kind zu schonen, aber sie hatte verflixt Angst vor dieser Spritze. Noch mehr Angst hatte sie davor, von nun an lebenslang Kopfschmerzen zu haben, was als mögliche Folge dieser Narkosemethode genannt worden war. Dennoch tat sie alles, um ruhig zu bleiben.
„Sie machen das wunderbar. Es ist gleich vorbei.“
Tut aber gemein weh, dachte Hannah. Aber was soll das schon. Gleich wird unser kleiner Roman zur Welt kommen. Das ist das Einzige, was zählt.
Gefühlte Augenblicke später wechselte Hannah einen Raum weiter auf den OP-Tisch. Die Schwester an ihrer linken Seite streichelte beruhigend ihr Gesicht und fragte, wie das Kind denn heißen solle. Hannah war so dankbar für diese liebevolle Berührung einer ihr völlig fremden Frau. „Roman-Rafael“, sagte sie, stolz und zugleich ein wenig verschämt, „Rufname Roman.“ Conrad und sie hatten sich sehr viel Mühe gegeben bei der Wahl und sich für italienische Namen entschieden, weil Hannah diese klangvolle Sprache so liebte.
„Wunderschöner Name“, sagte die rotblonde Schwester. „Roman-Rafael Adelmann – das hat Klang und Stil.“
Hannah hätte sie küssen können. Dass der Junge auch noch Adalbert heißen sollte, nach Conrads Großvater, behielt sie für sich.

*


„Ich setzte jetzt den Schnitt“, sagte der Arzt. Dr. Siebert war in den Dreißigern, hatte aber kaum noch Haare auf dem Kopf. Viel wichtiger fand Hannah, dass er bekannt dafür war, den entscheidenden Schnitt schnell und präzise in der Bikini-Zone zu setzen und ihn so klein wie möglich zu halten. Das Licht der hellen OP-Lampen warf blitzende Reflexe auf seine runden Brillengläser. Im nächsten Moment war die Brille mit Blut bespritzt. Hannah zuckte zusammen. Sekunden später aber wich ihr Schrecken einem jähen Glücksgefühl. Der Arzt hielt ein rotes, schrumpeliges Etwas an den Füßen hoch und Hannah hörte einen Schrei. Oh, mein Gott, mein Baby lebt, dachte sie überglücklich. Es kann schreien. Seine Lungen sind stark genug.
„Hat sie denn keinen Arm frei?“, fragte Dr. Siebert, dem eine Schwester gerade die Brille abnahm, um sie zu putzen. Er blickte auf Hannahs nach links und rechts ausgebreiteten Arme, die mit Infusionsnadel und Blutdruckmessgerät verbunden waren. „Na, dann eben so.“ Kurz entschlossen drückte er Hannah das Kind kurz ins Gesicht. Sie küsste es. Und sie liebte es sofort.
„Und nun holen Sie mal den Vater rein, Schwester. Wenn es der junge Mann ist, den ich vorhin gesehen habe, dann hat der die Beruhigung, dass alles okay ist, jetzt echt nötig.“

*


Während Hannah genäht wurde, hörte sie Stimmen im Nebenraum. „Sie dürfen Ihr Kind jetzt baden, junger Mann. Ich bräuchte mal Ihre Armbeuge. - Na, na, nicht so zimperlich. Sie werden schon nichts abbrechen.“
„Er ist aber so winzig.“
„Das legt sich noch.“
Das Baby war tatsächlich nicht sonderlich groß geraten, gerade einmal siebenundvierzig Zentimeter, was Hannah erstaunlich fand angesichts seiner großgewachsenen Eltern. Aber es war gesund. Der Agape-Wert: eine glatte Zehn. Roman-Rafael Adalbert Adelmann. Ein Wunder! Ein neuer kleiner Mensch auf der Welt und ich bin seine Mama, dachte Hannah. Wir sind Eltern. – Was für ein unfassbares Glück!

In diesem Moment war Hannah bereit, alles zu tun, um dieses Glück für immer festzuhalten. Wir werden eine Familie sein, dachte sie, einander ewig lieben, füreinander da sein, zärtlich, fröhlich, verantwortungsvoll, dankbar, kreativ, gesund und munter. Hannah hielt ein, als würde jemand sie mahnend an der Schulter berühren. Für einen kurzen und doch unendlichen Moment stand ihr sprudelnder Gedankenquell still. Und wenn es nicht so wäre ...? Ein schneller Gedanke nur. Wenn etwas schiefginge? Aber nein, wer wollte denn an so etwas denken?! Es ist doch so wunderschön, dachte sie. Und es wird schön bleiben. Es muss einfach ...!
...

(Auszug aus "Hannah - Ohne Mann ist auch echt blöd")

Band 3 ist fast fertig. Und hier geht es zu Band 1 "Hannah - Das Kind will nicht heiraten ...!". Viel Spaß beim Eintauchen in die ganz persönliche Welt einer Frau, die einfach nicht sein will wie andere.

Bis bald sagt eure

 Sigrid Ruth

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