Moin, meine lieben Schreiber- und Leserlinge!
Gehört ihr zur Generation 60 plus und seid schon mal ganz allein verreist? Also, ich meine, nicht mit einer Freundin, nicht in einer Gruppe? Ganz allein. Für manche von euch ist das vielleicht ganz normal. Ihr steht selbstbewusst im Leben und seid euch selbst genug. Bei Hannah war das nicht so. Sie war einfach nicht daran gewohnt. Sie kam sich vor wie der letzte Dreck, alleingelassen auf Barbados. Sie hatte sich so gefreut auf die Karibik, als sie die Reise gebucht hatten, Malte und sie. Und nun das:
Da stand sie nun,
mit ihrer Reisetasche und ihrem Rucksack, und fühlte sich unendlich
verloren und schutzlos. Das kleine Hotel lag nahe der Hauptstraße. Im
schmucklosen Garten entdeckte Hannah einen rechteckigen Pool, der in der
prallen Sonne lag. Kein Baum, kein Strauch. Wenige Meter entfernt
befand sich ein kleines Restaurant mit wenigen Tischen unter einem
Stoffdach, das nach all dem Luxus während der beiden Wochen auf dem
Kreuzfahrtschiff wie ein besserer Schnellimbiss auf Hannah wirkte. Laute
Radiomusik waberte zu ihr herüber. Dann sah sie das zweistöckige
Gebäude auf der linken Seite. Das musste das Hotel sein. Ein Holzschild
führte Hannah zur Rezeption.
„May I have your credit card, please“,
sagte die junge Frau mit den hochgesteckten schwarzen Locken, die am
Tresen stand. Daisy stand auf ihrem Namensschild. Sie wirkte nicht so,
als würde sie auf Hannah herabblicken, dennoch kam sie sich so vor.
Hannah hatte bisher keine eigene Kreditkarte besessen und war heilfroh
gewesen, dass die Bank ihr, obwohl ihre Finanzen noch nicht geregelt
waren, nach einigem Hin und Her eine zugestanden hatte. Bisher hatte
immer Maltes Karte genügt. Satte zwölfhundert Dollar wurden für die
Unterkunft abgebucht und Hannah bekam die Karte zurück.
„Your room isn’t ready yet. You can have a breakfast for free in the restaurant.“
Hannah
nickte ergeben, obwohl sie jetzt so viel lieber auf ihr Zimmer geflohen
wäre, um ihre Wunden zu lecken. Sie griff nach ihrer Reisetasche.
„You can leave it here. We will bring it up to your room later.“
Erleichtert ließ Hannah den Griff wieder los.
Das
kostenlose Frühstück bestand aus einem Wrap und einer Tasse Tee. Was
für ein Kontrast zum Essen auf dem Schiff, dachte Hannah. Immerhin
sättigte das Ding und so übel schmeckte es nun auch wieder
nicht. Sie trank den Tee aus und wischte sich die Lippen ab. Dann ging
sie hinüber zum Pool, an dessen Rand weiße Plastikliegen standen.
Angesichts der schwülwarmen Temperaturen war Hannah mehr als froh, ihre
geschwollenen Beine darauf hochlagern zu können. Sie zog das Buch über die
zehn Fähigkeiten, die eine erfolgreiche Frau angeblich brauchte, heraus
und begann zu lesen, doch schon nach wenigen Minuten legte sie es
beiseite. Wenn es nur nicht so entsetzlich heiß wäre. Wer nur macht
freiwillig Urlaub in so einem Brutofen ...?! Wann darf ich denn endlich
aufs Zimmer? Hannah schloss erschöpft die Augen. Wenig später
schreckte Daisy's Stimme sie auf. "Mrs. Birkelund? - I'll show you your
appartement now." Daisy ging voraus, öffnete die Tür, trat einen Schritt
zurück und ließ Hannah eintreten. „Have a nice stay“, sagte sie
lächelnd und verschwand.
Kaum hatte sich die Tür hinter ihr
geschlossen, ließ Hannah sich aufs Doppelbett fallen, das viel zu groß
war für sie allein. Ihre sorgsam konstruierte Schutzhülle aus Gelassenheit und
all dem Mut, den sie noch hatte aufbringen können, brach in sich
zusammen. Sie weinte bitterlich. „So eine Scheiße!“, wimmerte sie. „So
eine verdammte Scheiße! Das darf doch wohl alles nicht wahr sein!“
...
Gerade habt ihr einen Auszug aus Band 3 gelesen, der zwischen Ende Mai und Mitte Juni - hoffentlich - erscheinen wird. Für alle, die so lange nicht warten
wollen, hier geht es schon mal zu Band 1 "Hannah - Das Kind will nicht heiraten ...!", hier zu Band 2 "Hannah - Ohne Mann ist auch echt blöd". Viel Spaß beim Eintauchen in die ganz persönliche Welt einer Frau, die einfach nicht sein will wie andere.
Bis bald sagt eure
Sigrid Ruth
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen