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Freitag, 10. Dezember 2021

Oh mein Papa - literarische Liebeserklärung an alle meine Männer

 Moin, meine lieben Schreiber- und Leserlinge!   

75 % der 3. Überarbeitung Hannah Band II sind, Stand heute, geschafft. Hier eine kleine Textprobe daraus für euch. Und - als Link zu Band 1* - die Geschichte mit dem Christkind ...

Ich stelle im Laufe des Schreibprozesses immer mehr fest, dass dieser 2. Band der Hannah-Trilogie eine Liebeserklärung besonders an meine Männer wird. Die, mit denen ich Tisch und Bett teilte, denn im Rückblick erkenne ich nun viel deutlicher ihre Stärken. Und viel weniger das, was mich damals zur Weißglut brachte. Nicht zuletzt ist es auch eine Liebeserklärung an den Mann, der mir schon als kleines Kind treu und liebevoll zur Seite stand. Zu einer Zeit, als ein Lied von Lys Assia regelmäßig im Radio lief: Oh mein Papa. Er sei ein wunderbarer Mann gewesen, sang sie, und ein großes Künstler. Das war mein Papa auch - ein Lebenskünstler allemal. Und einer, dessen Bilder noch heute in meiner Wohnung hängen. Und dann, ja dann ist es auch noch eine Liebeserklärung an das Leben und damit auch tatsächlich, mit der nötigen Nachsicht, an mich selbst. ;-)

Hier stelle ich euch erst mal meinen Papa vor, wie er leibte und lebte - bis fast zum Schluss. Ich sage nur, durchaus liebevoll gemeint, ein Wort: Helfersyndrom.

"Vier Jahre nach ihrer Heirat, zu der Papa und Gerlinde aufgrund schwindender Kräfte nicht hatten kommen wollen, rief er an und bat Hannah, ihn zu besuchen. „Mir geht es nicht sonderlich gut“, sagte er und der Ernst in seiner Stimme blieb Hannah nicht verborgen. „Es wäre wirklich schön, wenn wir uns wieder einmal sehen würden.“
Hannahs Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Sie dachte an Papas Krebsdiagnose vor einigen Jahren, die sich zum Glück als unbegründet erwiesen hatte, und an den Herzschrittmachen, den Papa zwei Jahre zuvor bekommen hatte. Er war nun sechsundachtzig. Irgendwann wird es vorbei sein, dachte sie, doch sie war nicht im Geringsten geneigt, ihn ziehenzulassen. Wenn es nach mir ginge, dachte sie, würde er ewig leben.
Sie nahm einen Tag Urlaub für ein verlängertes Wochenende in Essen, setzte sich ins Auto und fuhr los. Als sie ankam, begrüßte Papa sie mit seinem typisch schwermütigen Lächeln und einem gekrächzten „Hallo“, das in der Stimmlage ein wenig zu hoch wirkte für einen Mann. Liebevoll schloss sie ihn in die Arme. Schon als Kind hatte sie sich für sein Glück mitverantwortlich gefühlt. Obwohl er mehr als eigenständig war und sich vor keiner Herausforderung fürchtete, war das nie anders geworden. Und es beruhte absolut auf Gegenseitigkeit.
„Hast du Hunger?“, fragte er.
„Schon“, sagte sie. „Aber eine Scheibe Brot reicht.“
„Papperlapapp“, sagte er, „Essen ist gleich fertig.“ Er ging in die kleine Küche, wo in einem kleinen Topf Sauerkraut vor sich hin köchelte. Neben dem Herd stand eine offene Konservendose. Er legte eine Mettwurst in den Sauerkrauttopf. „Wir haben schon gegessen“, sagte er, „aber ich mache dir schnell noch ein bisschen Kartoffelpurree.“ Er schüttete Pulver aus einer Aluminiumtüte in eine Portion H-Milch, würzte das Sauerkraut mit Brühenpulver, hustete, zog ein Tempo-Taschentuch aus der Hosentasche, hustete erneut und hielt sich das Tuch vor den Mund. Als er es in den Müll warf, bemerkte Hannah, dass es voller Blut war.
„Du musst zum Arzt, Papa“, sagte Hannah.
„Jetzt iss erst mal. Das hier ist halb so wild.“

Papa hustete den ganzen Abend. Immer wieder neues Blut. Nicht viel, aber eben Blut. „Ich geh wohl besser früh schlafen“, sagte Papa. Er trug Bettzeug über dem Arm und schickte sich an, das Sofa für Hannah zum Bett herzurichten.
„Das mach ich schon, Papa“, sagte sie und nahm ihm das Betttuch aus der Hand. „Leg dich hin. Und wenn es morgen nicht besser ist, bring ich dich ins Krankenhaus, keine Widerrede.“
Gerlinde, die wenig sprach seit ihrem Schlaganfall, drehte den Fernseher aus und ließ sich von Papa aufhelfen. „Gute Nacht!“ Sie lächelte Hannah schief ein, bevor sie sich von ihrem Mann zu Bett bringen ließ. „Lass die Tür offen, Bernd“, rief sie, „damit du mich hörst, wenn ich was brauche.“ Ihre Stimme klang anders als früher. Weinerlich, gebrochen und doch fordernd.
„Natürlich, Liebling.“

..."

 

Bis bald sagt eure

 Sigrid Ruth  

* Hier geht's zur kostenlose Leseprobe von "Hannah - Das Kind will nicht heiraten ...!" - Viel Vergnügen beim Eintauchen in eine fast vergessene Zeit! :-)  

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