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Montag, 4. Oktober 2021

1980er-Jahre - Mutter und Nurhausfrau oder was Besseres?

Moin, meine lieben Schreiber- und Leserlinge! 

Hochsauerland. Dorfleben. 1989. Bei nur einem Verdiener, zwei Kindern und einer großen Wohnung war Geld Mangelware. Hannah war Conrad dankbar, dass er die Familie ernährte. Aber er erlaubte ihr nicht, einen Job anzunehmen. "Eine Mutter gehört zu ihren Kindern!", sagte er. Was also tun mit ihren Wünschen und Sehnsüchten?! Sie wollte nicht immer nur räumen und putzen, kochen und flicken und mit den Kindern spielen. Sie wollte mehr Zeit haben für die Dinge, die ihr selbst wichtig waren - für Bücher, für Schönheit, für Kreativität. Als sie die Chance bekam, für vier Wochen aus ihrem Hausfrauendasein auszusteigen und in einem Aushilfsjob stundenweise Geld zu verdienen, was Conrad gnädig gestattete, beschloss sie trotzig, ihren Verdienst dazu zu verwenden, um versuchsweise eine Haushaltshilfe einzustellen. Einmal die Woche, drei Stunden - ein Lichtblick. Sie entschied sich für Piyumi, eine kluge, warmherzige, buddhistische Mathematiklehrerin aus Sri Lanka.

Band II der Hannah-Trilogie ist in Arbeit. Der Arbeitstitel: "Hannah - Ohne Mann ist auch echt blöd ...! Und mit der Erinnerung an Piyumi arbeite ich gerade:

Hannah hatte ihren Vorsatz wahrgemacht und eine Anzeige im Hunau-Wilzenberger aufgegeben. Mehrere Damen erschienen zur Vorstellung. Sie entschied sich für Piyumi, eine reizende ehemalige Mathemathiklehrerin aus Sri Lanka, die mit ihrem tamilischen Mann und ihren beiden Kindern vor den Soldaten geflohen war. Ihr Gatte, noch wesentlich dunkelhäutiger als sie, kam mit zur Vorstellungsgespräch. Aus einem hellbraunen und einem dunkelbraunen Gesicht leuchtete Hannah das Weiß von Augen und Zähnen entgegen. Sie bat die beiden an den Esstisch, der inzwischen im Kaminzimmer ein neues Zuhause gefunden hatte, bot Tee und Kekse an, was die beiden bescheiden ablehnten, und sprach notgedrungen Englisch mit ihnen. Was für ein Genuss! Endlich wurden ihre grauen Zellen mal über das Hausfrauendasein hinaus gefordert. Wie sehr sie derlei Anregung vermisst hatte.

Von nun an kam Piyumi getreulich jede Woche. Sie hatte zwei hübsche Kinder, von denen sie gern und stolz erzählte, war fleißig und humorvoll. Jedesmal legte Hannah mit ihr eine Teepause mit Keksen und Geplauder ein. Es war wie damals bei Mutti und ihrer Perle. Sie verstanden sich einfach blendend und Piyumi wurde wirklich wichtig für Hannah – fast wie eine Freundin. Sie war offen und ehrlich. Sie schien Hannah zu vertrauen. Und sie hatte kein leichtes Leben.
„Mein Mann ist ein Tamile Tiger, Mrs. Adelmann“, sagte Piyumi auf Englisch und sah zugleich stolz und traurig aus.
„Was ist er?“
„Die Tamilen sind in der Minderheit und alle gelten als Rebellen. Es ist sehr schlimm. Die Singhalesen werfen den tamilischen Eltern ihre toten Söhne vor die Haustür. Bei unseren Nachbarn habe ich das ein paar Mal erlebt. Ich bin Singhalesin., wissen Sie. Mischehen werden in unserer Heimat kaum noch geduldet. Es war einfach zu gefährlich für uns geworden. Wir mussten fort.“

In Sri Lanka hatte Piyumi ein schönes Haus gehabt und über zwei Diener geboten. In ihrem Garten gab es Schlangen und frische Mangos. Die Diener gingen mit Stöcken durch ihren Garten, erschlugen die Schlangen und pflückten die Früchte. In Deutschland hatte Kirusha die Metamorphose von der Herrin zu einer Art Dienerin mit Würde und verhaltenem Stolz überstanden, mit Humor und Selbstironie.
 „Mein Sohn kennt Ihren Sohn aus der Schule“, sagte sie eines Tages. „Wissen Sie, was er mich gestern gefragt hat, Mrs. Adelmann?“
„Nein, was denn?“
„Er hat gefragt, ob Mirco ein Prinz ist?“
Hannah lachte auf, überrascht und von spontanem Stolz erfüllt. „Ein Prinz? Wie kommt er denn darauf?“
„Weil er weiß, dass ich bei Ihnen arbeite.“
Nun lachten sie gemeinsam und Hannah schluckte den blöden Stolz herunter, der sich in ihrer Kehle schmerzhaft mit der Trauer mischte, auf Stolz kein Recht zu haben. Nicht so. Sie war nichts Besseres. Wäre sie gern, das schon. War sie aber nicht. Sie doch nicht ...!?

 

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