Teil 1 von "Selfpublisher werden 50 plus mit Hannah" gibt es nur heute und morgen noch KOSTENLOS. Um euch Lust zu machen, kommt hier ein Auszug aus einer der fünf Bonusgeschichten, die es am Ende jedes Buchteils gibt. Eine Geschichte aus Hannahs Kindheit, die zeigt, welch unerhörtes Glück es für die kleine Hannah bedeutete, aus quasi nichts etwas zu erschaffen. Eines unvergessenen Tages bekam sie zu Weihnachten eine Kindernähmaschine ... Und los geht' mit dem Textauszug:
...
an Fantasie mangelte es ihr nicht. Wenn sie am Ende der Arbeit den Faden abschnitt und das Genähte glattstrich, war gewöhnlich auch wunschgemäß eine Naht entstanden, das schon. Aber bei näherer Betrachtung erwies diese sich häufig als krumpelig, und es hatten sich Schlaufen gebildet, die eben nicht strammgezogen wurden. Einige Male klagte Hannah Mutti ihr Leid, aber das gab sie bald wieder auf, weil Mutti jedes Mal wieder mit der alten Geschichte vom Schneiderlehrling reagierte, der am Ende seiner Arbeit stets zum Meister ging und sagte: „Meister, ich bin fertig. Darf ich trennen?“ Und immer wenn sie es erzählte, musste Mutti von neuem laut darüber lachen. Hannah konnte das nicht. Dazu nahm sie die Sache zu wichtig.
In den Tagen und Wochen nach Weihnachten war Hannah kaum von der kleinen Nähmaschine wegzubekommen. Eifrig und mit klopfendem Herzen nähte sie Stoffstreifen aus Muttis Restekiste zusammen und freute sich an den bunten Farben. Mutti häkelte farblich passende Kanten aus dünnem Baumwollgarn um die entstehenden Lappen oder Wollkordeln an die Kanten, die Hannah mit der Strickliesel fabrizierte. Danach konnten Hannah und ihre kleine Schwester Ines die Stoffstücke als Teppiche oder Bettdecken fürs Puppenhaus und als Zudecke im Puppenwagen verwenden. Doch das Puppenhaus war bald in allen Räumen reichlich ausgestattet und mehr als drei Puppenwagendecken brauchten die Puppen selbst bei Eis und Schnee nicht. Hannah überlegte hin und her, was sie noch nähen könnte.
Knapp drei Monate nach Weihnachten löste sich das Problem sozusagen von selbst. Hannah wurde zwölf, und das schönste Geschenk auf dem kleinen Gabentisch war eine Barbiepuppe. Die war einfach wunderschön. Und was für eine tolle Figur sie hatte! Ganz anders als Mutti, die schon froh war, wenn sie sich einmal von Kleidergröße 52 in Kleidergröße 50 gehungert hatte. Und auch anders als Hannah selbst, die für ihren Geschmack zu dicke Beine und dann auch noch ein kleines Bäuchlein hatte. Mutti erklärte Hannah, dass die Plastikpuppe eine Wespentaille besitze. „Aber so was gibt es in Wirklichkeit gar nicht“, sagte sie, warf kurz einen prüfenden Blick in den Spiegel in der halbdunklen Diele, in der sie gerade stand, und zog den Bauch ein.
Mit Barbies Einzug in den Braun’schen Haushalt kamen Muttis gesammelte Stoffreste in all ihrer Fülle und Vielfalt zum Tragen. Das galt besonders für die, die Mutti von ihrer Freundin Liesel bekommen hatte, die Hannah Tante zu nennen hatte. Tante Liesel betrieb in Essen zusammen mit ihrem Mann, Onkel Lutz, eine große Schneiderei. Da wurden Anzüge und Kostüme, Röcke und Blusen für den Alltag genäht, aber auch kostbare Abendkleider. Und wenn es von diesen glitzernden, glänzenden Stoffen Abfallstücke gab und diese ihren Weg fanden in die Dreizimmerwohnung der Brauns, dann war Hannah nicht mehr zu halten. Sie suchte sich die schönsten Stücke aus, schnibbelte und steckte, raffte, rieh zusammen und zog auseinander, drapierte am Puppenmodell, mal so, mal so, schnitt etwas ab, fügte etwas an und vergaß dabei, zu essen, zu trinken, ja beinahe zu atmen.
Auf diese Weise ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen